Ralf* war gestern noch frohen Mutes und hat sich in der Euphorie des ersten gemeinschaftlichen Glühweinabends eine Tasse nach der anderen bestellt. Seine Erinnerungen an diese Stunden sind so trübe wie der gestrige Glühwein. Nun wundert er sich, warum er weder Kohle noch Portemonnaie hat, dafür jedoch Herpes und Halsschmerzen. Und dieser üble Kater? Naja, der war eh absehbar. Aber was ist denn nur passiert und warum ist der Glühwein-Kater immer so besonders schlimm? Eine Analyse der dunklen Seiten des Glühweins.
Warum keine Kohle mehr?
Glühwein ist teuer, das wissen wir alle. Ralf eigentlich auch, doch ab einer gewissen Menge sagte er sich irgendwann: „Aber scheiß drauf, Glühwein gibt´s nur einmal im Jahr!“ Dann zog er los und holte sich Nachschub. Den Pfand, den es für die Tassen gab, vergaß er ab einem bestimmten Pegel – und leider auch sein Portemonnaie.
Warum Herpes?
Da Ralf sich immer wieder entgeistert wunderte, wo denn seine leere Tasse hin ist und er darum keinen Pfand bekam, musste er gezwungenermaßen stets eine Neue nehmen. Die Standbesitzer haben einen hektischen Job und kommen mit dem Nachfüllen und Abwaschen (!) häufig nur schwer hinterher. Und so passiert es manchmal, dass die Keramiktassen nur flüchtig abgewaschen werden und die Herpesviren des vorherigen Tassenbesitzers am Rand des Gefäßes noch ihr Unwesen treiben. So wie bei Ralf, der sich nun mit einer Art unreifen Erdbeere an der Lippe herumplagt. Heute Abend, so schwört er sich, bringt er seine eigene Tasse mit.
Warum Halsschmerzen?
Neben dem formidablen Geschmack hat der Glühwein zusätzlich die Funktion, uns warm zu halten – vermeintlich. Denn anders, als wir es uns vielleicht vorstellen, wärmt er uns nicht nachhaltig von innen. Wir bekommen lediglich einen kleinen Wärmeschub, der nach außen gelangt, weil sich unsere Blutgefäße weiten. Das bedeutet allerdings auch, dass diese Wärme von unserer Kerntemperatur abgezogen wird, wodurch unsere inneren Organe Gefahr laufen, zu unterkühlen. Wenn man so will, verarscht uns der Glühwein also. Und so hat sich Ralf vom ganzen draußen Rumstehen erkältet. Ein Glück ist er, als er auf dem Heimweg stürzte, nicht besoffen eingepennt – er hätte unter diesen Umständen auch erfrieren können.
Apropos Temperaturen: Glühwein sollte niemals über 80 Grad heiß werden, denn dann erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das krebserregende Zuckerabbauprodukt Hydrixymethylfurfural entsteht. Doch nun lasst nicht gleich die Keramiktasse fallen, denn wie so oft gilt auch hier die Faustregel: Die Dosis macht das Gift.
Warum der üble Kater?
Ein weiterer Effekt zu heißem Glühweins ist das Verdampfen des Alkohols. Und das wollen wir doch nicht, denn ist nicht gerade das Laune machende Ethanol ein wichtiger Grund, weshalb wir dieses Zeug überhaupt trinken? Dachte sich auch Ralf und bestellte zuverlässig immer wieder aufs Neue „Einmal mit Schuss, bitte.“ – so wie jedes Jahr. Trotz dieser Routine hat Ralf nichts gelernt. Auch nach dem ersten Erbrechen, war noch nicht Schluss. Glühwein knallt, und zwar richtig.
Durch die Wärme des Heißgetränks wird der Magen-Darm-Trakt stärker durchblutet, wodurch sich das Hochprozentige schneller ausbreitet. Die Alkoholaufnahme wird durch den hohen Zuckergehalt zusätzlich beschleunigt. Kein Wunder also, dass der Mann mit dem Hammer gestern so zeitig auf der Matte stand. Ralf hatte Pech und geriet zudem an einen Stand, der Billigwein als Zutat nutzte – was leider keine Seltenheit ist, denn da springt mehr Umsatz bei raus, macht den Kater aber nur noch furchtbarer. Die mindere Qualität wird nämlich durch allerlei Gewürze und Zucker vertuscht. Ethanol und sogenannte Fuselöle sind dabei die Hauptverantwortlichen für Ralfs Kater. Unser Körper baut das Ganze zu Giftstoffen ab, welche die Herzleistung mindern und zur Folge haben, dass unser Hirn zu wenig Sauerstoff bekommt. Und BÄMM: Da sind sie, die Kopfschmerzen und die Übelkeit.
Doch hindert euch das, jetzt den Laptop zuzuklappen, euch mit euren Freunden zu treffen und dieses Leid bringende Heißgetränk mit Schuss zu bestellen? Nein, natürlich nicht! Denn trotz all dem, geht in der Vorweihnachtszeit nichts über einen dampfenden Glühwein. In diesem Sinne: Lasst es euch schmecken und gönnt euch – aber nicht zu doll, sonst geht´s euch wie Ralf.
*Ralf ist ein fiktiver Charakter