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Hab gefälligst die beste Zeit deines Lebens! – ein Kommentar

Spongebob

 

Ein Kommentar über den Zwang, alles zu erleben und zwar sofort.

Omas, Opas, Tanten, Onkel, Mama und Papa; außerdem noch Fremde im Supermarkt, Menschen im Fernsehen, inspirierende Zitate bei Instagram. Sie alle sagen dir eine Sache wieder und wieder: Das Studium ist die beste Zeit deines Lebens.

Dass sie dabei manchmal verbal brutal werden, daran denken sie nicht. Was ich mit verbal brutal meine, ist, dass mit dem Hinweis „schönste Zeit deines Lebens“ auch eine versteckte Nachricht mitschwingt. Wenn dein Studium vorbei ist, ist auch dein glückliches Leben vorbei. Als packe man uns an den Schultern, schüttele dreimal kräftig und schreie dann: BESSER WIRD’S NICHT!

Glück
Pech gehabt, die beste Zeit ist vorbei (und die beiden sehen gar nicht gestellt aus)

Wie kommen Menschen dazu, anderen zu sagen, dass die beste Zeit ihres Lebens genau jetzt sein muss? Einige haben es irgendwo gehört, vielleicht American Pie zu oft gesehen, andere sprechen aus Erfahrung. Letzteres ist schockierend, wenn man einmal darüber nachdenkt. Denn wer in seinen Zwanzigern studiert, der hat danach noch hoffentlich 40 bis 50 halbwegs gesunde Jahre vor sich – sollen die denn alle in Unglück verbracht werden?

Natürlich nicht. Wer das Studium als beste Zeit seines Lebens beschreibt, meint damit meist die Unbekümmertheit und die Freiheit, die ein Student erleben darf. Und doch fragen wir uns, warum man nach dem Abschluss plötzlich all das aufgeben muss. Müssen wir wirklich sofort eine 40-Stunden-Woche haben? Müssen wir sofort ein Haus bauen? Müssen wir mit Ende 20 unbedingt verheiratet sein und Kinder kriegen? Wenn die Zeit wirklich so toll war, sollte man dann nicht an der ein oder anderen Stelle – bei Gehalt oder materiellen Werten – einen Gang zurück schalten, um noch etwas länger Freiheiten zu genießen?

Katze
Die hat den Dreh raus, die lässt sich nicht stressen

Diese Entscheidung muss jeder für sich selbst (hoffentlich ohne den „Macht man halt so“-Gedanken) treffen. Was mir aber böse aufstößt, ist, dass man damit jeden jungen Menschen unter Druck setzt. Irgendwo erklingt ein „Mimimi“, doch bitte steigt noch nicht aus: Der Druck, die beste Zeit unseres Lebens zu haben, kann genau das Gegenteil bewirken. Feiern, Vögeln, viele Freunde, sonst hast du nicht richtig gelebt. Was eine absurde Idee, dass ein erfülltes Leben irgendwelchen allgemeingültigen Regeln folgen soll.

Es ist in Ordnung, mit Anfang, Mitte, Ende 20 zu zweifeln. Wir dürfen an Beziehungen zweifeln, an guten Noten, an der Sinnhaftigkeit von Klausuren, an Politikern, an der idealen Farbe für ein Sofa, an der Notwendigkeit eines Sofas, an unseren Eltern, an unseren Freunden, an uns selbst. Doch niemals sollte uns der Gedanke kommen, dass wir etwas falsch machen, nur weil wir jetzt gerade in der besten Zeit unseres Lebens sind. Denn dann wird es beim besten Willen nicht die beste Zeit.

Der Höhepunkt unseres Glücks sollte immer noch in der Zukunft liegen können. Die Familiengründung, die Beförderung, die Wiedervereinigung von ABBA, die Meisterschaft unseres Lieblingsvereins. Es bringt nur nichts, ständig definieren zu wollen, was der tollste Abschnitt war oder ist. Jeder Lebensweg ist ein individueller und an manchen Tagen ist man zufrieden, aber nicht übermäßig glücklich, weil man bei einer Folge Spongebob auf dem grünkarierten Sofa sitzt.

Spongebob
Kann denn Trickfilm Sünde sein?

Da soll mir jetzt kein Mensch, der die beste Zeit seines Lebens hinter sich gelassen hat und damit auch die Hoffnung auf eine aufregende Zukunft, ankommen und sagen, dass ich sofort rausgehen und feiern, reisen und Liebe finden muss. Wir sollten uns weigern, die Zukunft zu verteufeln noch bevor sie überhaupt hier ist und wir sollten uns weigern, die Gegenwart zu feiern, nur weil heute ein bestimmter Tag der Woche in einem bestimmten Lebensjahr ist.

(Und jetzt entschuldigt mich, Spongebob und Patrick zünden gerade ein Feuer unter Wasser an und ich möchte herausfinden, wie das geht.)

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