Vielleicht überrascht es euch, dass die Person, die euch zwei Mal in der Woche mit neuen Artikeln auf StudentsStudents beglückt und somit im Alltag ziemlich viel mit Schrift umgeht, nicht gerade eine Leseratte ist. Aber es stimmt: Ich lese in meiner Freizeit echt verdammt wenig Romane. Das sieht man spätestens an den Bücherregalen in meinem Zimmer, die zwar durchaus ansehnlich mit Büchern gefüllt sind, die sich aber vor allem aus Werken zusammensetzen, die ich spätestens in meiner Jugend gelesen habe. Ich habe in diese Ecke meines Zimmers schon lange keinen so genauen Blick mehr geworfen, aber ich vermute doch stark, dass sich ein dünner Staubfilm auf den meisten Buchrücken gebildet haben könnte. Eigentlich könnte ich da auch mal aussortieren. Hm…
An meinen Bücherregalen kann man allerdings sehen, dass mein Lesekonsum zumindest einmal anders war. Tatsächlich war ich vor allem in der Grundschule eine ziemliche Leseratte und habe auch so Spielereien wie den Vorlesewettbewerb immer mit viel Vergnügen mitgemacht. Mein Berufswunsch war schon sehr früh der des Autoren. Über meine gesamte Schulzeit nahm das Interesse an Literatur zwar kontinuierlich ab, vor einem regelrechten Nullpunkt stand ich aber erst, als ich langsam in den Kanon von Wissenschaft und Journalismus einstieg.
Man kann in diesem Sinne eigentlich kaum sagen, dass ich bedeutend weniger lesen würde als früher. Eigentlich im Gegenteil: Die Arbeiten der journalistischen Konkurrenz folge ich mit regem Interesse, Zeit Online befindet sich seit einigen Monaten wieder in meiner Bookmark-Leiste und meine zwei Zeitungsabos lohnen sich eigentlich weiterhin. Ähnlich geht es mir mit wissenschaftlicher Literatur: Wenn mich ein Thema begeistert, stürze ich mich standesgemäß sehr viel auf entsprechende Bücher und das Lesen nimmt manchmal kaum ein Ende, wenn zahlreiche Fußnoten noch zu weiteren spannenden Ergüssen führen und dann obendrein in der Institutsbibliothek auch noch alles vorhanden ist. Man könnte sagen: Im Gegensatz zu früher beschäftige ich mich heute mit dem realen Leben und verliere mich literarisch kaum noch in fiktiven Welten.
Während ich diese Zeilen schreibe, denke ich darüber nach, wie ich das eigentlich finde. Der Umstand meiner kaum mehr vorhandenen Faszination für Romane war mir schon vorher bewusst und ich habe mich oft geärgert, dass ich in dieser Richtung nicht mehr so belesen bin wie früher. Je mehr ich reflektiere, desto klarer wird mir aber eines: Mein abnehmendes Interesse an fiktiven Welten ist einem anderen gewichen. Heute verschlinge ich Geschichten von Menschen, die es tatsächlich gegeben hat. Eigentlich ist das doch etwas Schönes: Ich finde unsere echte Welt derartig unglaublich, dass ich mich gar nicht mehr in Fantasien gezogen fühle, die sich irgendjemand mal ausgedacht hat. Irgendwie toll.